Wenn Unternehmens-Insider, also zum Beispiel Vorstände, Aufsichtsräte oder deren Angehörige, Aktien ihres eigenen Unternehmens kaufen oder verkaufen, dann müssen sie dies der Öffentlichkeit mitteilen. Ich zeige Euch heute, wo Ihr solche Daten findet, wie diese zu interpretieren sind und ob sich damit eine Überrendite erzielen lässt.
Vorstände und Aufsichtsräte, so möchte man meinen, kennen ihr eigenes Unternehmen recht gut. Aus diesem Grund müssen sie umgehend mitteilen, wenn sie Wertpapiere der eigenen Firma gekauft oder verkauft haben. So sind die Transaktionen, auch als Directors Dealings bezeichnet, für jedermann einsehbar und es entsteht eine Art öffentliche Kontrollmöglichkeit. Illegal ist Insidertrading, wenn jemand kursrelevante Informationen hat und diese ausnutzt, also handelt, bevor diese öffentlich werden. Daher gibt es auch gewisse Zeitfenster, zum Beispiel vor Quartalszahlen, in denen Personengruppen nicht mit den Aktien ihres Unternehmens handeln dürfen. In Deutschland sind neben dem Vorstand und dem Aufsichtsrat auch Aktionäre meldepflichtig, wenn die in § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG definierten Schwellen (3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 und 75 Prozent) über- oder unterschritten werden. In den USA muss das Management Transaktionen melden sowie Aktionäre, die mehr als zehn Prozent an der Gesellschaft halten.
Wie aussagekräftig sind Insiderkäufe und -verkäufe?
Bevor wir dazu kommen, wo man diese Daten findet, zunächst einmal die Frage, welche Aussagekraft sie haben. Und hierzu gibt es ein schönes Zitat von Peter Lynch, dem legendären Fondsmanager des Magellan Fonds: „Insiders might sell their shares for any number of reasons, but they buy them for only one: they think the price will rise.” Also frei übersetzt: Es gibt zahlreiche Gründe für Insider, Aktien zu verkaufen, aber nur einen wirklichen Grund dafür, dass sie kaufen: Sie denken, dass der Kurs steigen wird.
An dieser Aussage von Peter Lynch ist viel Wahres dran. So haben beispielsweise Ende 2021 viele Insider Aktien verkauft und man möchte meinen, dass das im Nachhinein betrachtet ein gutes Timing war, aber der wesentliche Grund lag darin, dass ab diesem Jahr höhere Steuern fällig gewesen wären. Zudem erhalten viele US-Manager einen großen Gehaltsbestandteil in Aktien und Optionen. Daher kommt es vor, dass sie hin und wieder Pakete verkaufen. Andere Insider geben regelmäßig Geld für philanthropische Zwecke aus oder bauen zum Beispiel eine teure Kunstsammlung auf.
Fokussieren wir uns daher mal auf die Insiderkäufe. Hier bietet Insiderkauf.de eine wunderschöne Auswertung. Betrachten wir zunächst einmal die Insidertransaktionen der vergangenen zwei Jahre in den USA, so stellen wir fest, dass vor allem auf dem Höhepunkt des Corona-Crash Insider massiv gekauft haben (blaue Linie). Also gerade in solchen Phasen, oder auch während der Finanzkrise 2008/09, haben Insider massiv gekauft. Sie haben gesehen, dass an den Finanzmärkten überreagiert wird und die tatsächliche Lage in den Unternehmen besser ist als der Eindruck, den die Akteure an den Finanzmärkten haben.
Auch in Deutschland waren die Käufe im März/April 2020 sehr hoch. Bei der Betrachtung der deutschen Daten fällt jedoch eine deutlich stärkere Zyklik auf. Das dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass es mehr Überlappungen bei der Berichterstattung gibt und viele Insider direkt nach den Quartalsberichten kaufen. Sehr interessant ist die auffallend hohe Kaufaktivität nach dem letzten und nach diesem Quartalsabschluss. Deutsche Manager langen also bei heimischen Firmen kräftig zu, halten die Bewertungen für sehr günstig.
Es gibt Indizes, welche die Entwicklung von Aktien zeigen, die durch Insiderkäufe auffallen. Für Deutschland ist das der GBC Insider Focus Index (Preisindex, ISIN DE000SLA2JE2). Vergleicht man den Index mit dem DAX oder dem marktbreiteren CDAX Performance-Index, so fällt auf, das er sich in den vergangenen fünf Jahren deutlich besser entwickelt hat als die Benchmarks.
UBS hat ein Zertifikat auf dieses Index aufgelegt (ISIN CH0358664750, Laufzeit bis Juli 2024, keine Anlageempfehlung). Vergleicht man nun das Zertifikat mit dem Index ab dem Zeitpunkt der Emission, so stellt man fest, dass die Outperformance gegen den marktbreiten CDAX nicht mehr ganz so groß ist. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass in dem Zertifikat pro Jahr etwa 1,7 bis 1,8 Prozent an Gebühren einberechnet sind, so dass die tatsächliche Outperformance schon größer ist. Mehr zu den in dem Zertifikat enthaltenen Werten gibt es auch bei Gereon Kruse von Börsengeflüster.
In den USA gibt es für den Nasdaq-Index einen vergleichbaren Insiderindex. Hier ist allerdings sehr auffällig, dass der Insiderindex deutlich hinter dem Markt liegt. Ich denke, für die Entwicklung dürften zwei Gründe verantwortlich sein. Zum einen wurde der Nasdaq-Index vor allem von den großen MEGA-Caps wie Apple, Microsoft und Amazon gezogen und zum anderen gab es bei vielen High-Growth-Werten kaum Insiderkäufe, da die Insider ohnehin über Aktien und Aktienoptionen sehr gut am Erfolg des Unternehmens beteiligt waren. Das könnte auch die Erklärung dafür sein, warum der Nasdaq Composite-Index zuletzt viel stärker gefallen ist als der Insider Sentiment-Index. Umgedreht zeigt es: Die Insider haben auch hier bei den Werten gekauft, bei denen sie Substanz und eine günstige Bewertung sehen.
Wo bekommt man Informationen über Insiderkäufe bei einzelnen Aktien her?
Es gibt unterschiedliche Wege, um an Informationen über Indsidertransaktionen zu kommen. Zum einen sind da mal die Primärquellen. Für Deutschland wäre das die BaFin:
Auf der Seite der BaFin sieht man sehr schön, wer in welchem Wertpapier welche Geschäfte getätigt hat. Am Donnerstag haben beispielsweise gleich drei Vorstände von HeidelbergCement Aktien gekauft. In der Übersicht sind die Beträge erst mal nicht ersichtlich. Allerdings kann man diese als CSV-Datei herunterladen und bekommt dann alle Details zu sehen. Zudem erhält man viele Details, wenn man zunächst auf den rot unterlegten Firmennamen und anschließend auf den unterlegten Namen der meldepflichtigen Person klickt.
Im Beispiel sehen wir, dass Dr. Dominik von Achten, Vorstandsvorsitzender von HeidelbergCement am 24. Februar 2022 Aktien im Volumen von 279.700 Euro zu einem Preis von 55,94 Euro gekauft hat. Angegeben ist auch, über welchen Börsenplatz die Transaktion erfolgt ist.
In den USA müssen die Daten der Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission, kurz S.E.C. gemeldet werden. Diese werden in der Datenbank EDGAR gespeichert. Die US-Börsenaufsicht stellt auch ein PDF zur Verfügung, in dem sie erklärt, was die Abkürzungen in diesen Berichten (Form 3, 4 und 5) bedeuten.
BaFin und SEC sind jeweils die Primärquellen. Dort zu suchen hat immer den Vorteil, dass die Daten in der Regel von hoher Qualität sind. Es gibt aber auch einige Seiten, welche die Rohdaten der Institutionen verwenden und diese benutzerfreundlich aufbereiten. Eine Seite, auf der die Daten recht gut aufbereitet werden, ist unter anderem Insiderkauf.de. Neben den eingangs bereits gezeigten Marktgrafiken gibt es dort auch weitere Übersichten. So sieht man direkt auf der Startseite, bei welchen Firmen die Insider zuschlagen. Für die beliebten Indizes Dow Jones, S&P 500, DAX und MDAX gibt es schöne Übersichtsseiten. Klickt man auf einzelne Firmen, so sieht man auch im Chart, wann die Insider gekauft haben und zu welchen Preisen und in welchem Volumen.
Eine weitere gute Quelle für aufbereitete Insiderdaten ist die Seite von Finanzen.net. Hier findet man zu jedem einzelnen Wert übersichtlich die Transaktionen. Im Folgenden habe ich bewusst mal Wirecard herausgepickt, um das eingangs von Peter Lynch erwähnte Zitat an einem Punkt zu relativieren. Markus Braun hat hier zum Beispiel über seine MB Beteiligungsgesellschaft mbH bis kurz vor dem Kollaps Insiderkäufe getätigt. Die Verkäufe wurden dann von den finanzierenden Banken getätigt, da die Aktien als Sicherheit hinterlegt waren.
Verlasst Euch also nicht blind darauf, wenn Insider kaufen, sondern seht es als Ausgangspunkt für Eure eigene Recherche und Beurteilung einer Aktie. Stellt Euch dabei eine Frage: „Was sehen die Insider, was der Markt oder Ihr selbst noch nicht seht?“. Oder anders ausgedrückt: Was ist die Motivation der Insider, genau jetzt in das Unternehmen zu investieren? Das kann durchaus zu der ein oder anderen Erkenntnis führen, die man bei der eigenen Analyse übersehen oder falsch eingeschätzt hat.