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    Window Dressing – Schwäche der Profis als Privatinvestor nutzen

    In den nächsten Wochen wird in vielen Börsenberichten wieder von Window Dressing die Rede sein. Ich erkläre Euch heute, was sich hinter dem Begriff verbirgt, warum für so manchen der Job da dran hängt und wie wir Privatanleger von dem Verhalten der Profis profitieren können.

    Wenn Einzelhändler im angelsächsischen Raum ihre Schaufenster dekorieren, dann spricht man vom Window Dressing. Wenn in den kommenden Wochen das Wort häufiger in der Börsenberichterstattung fällt, dann ist da etwas ganz anderes, etwas im übertragenen Sinn, gemeint. Window Dressing bedeutet, dass Fondsmanager und Vermögensverwalter zum Jahresende gerne die Aktien in ihren Portfolios haben möchten, die im Jahresverlauf besonders gut gelaufen sind. Im Gegenzug sollen die schlecht gelaufenen Papiere möglichst nicht auftauchen. Das verändert zwar nicht wirklich die Performance die ein Fondsmanager oder Vermögensverwalter erzielt, aber Kunden, die das Portfolio zum Jahresende ansehen, bekommen einen besseren Eindruck, wenn dort Gewinneraktien liegen. Da die Fondsmanager die gut gelaufenen Papiere zukaufen, verstärken sie deren Kursentwicklung. Schlecht gelaufene Wertpapiere leiden in den letzten Börsentagen und -wochen eines Jahres dagegen noch einmal, da sie abgestoßen werden.

    Quelle: https://www.dividendenadel.de/window-dressing/

    Christian W. Röhl von Dividendenadel hat den Effekt für den DAX für den Zeitraum 2001 bis 2019 einmal untersucht. Dazu hat er die drei Aktien, die zwischen Jahresanfang und Ende November eines Jahres am besten gelaufen waren im Dezember dann dem gesamten DAX gegenüber gestellt. Zwei Dinge fallen dabei auf: In den letzten betrachteten Jahren war, außer in 2018, der Effekt nicht wirklich feststellbar. Das mag unter anderem darauf zurück zu führen sein, dass heute die Mehrzahl der Kunden, die Gelder verwalten lassen, jederzeit Einblick in ihre aktuellen Bestände haben und sich nicht von einer Aufstellung am Jahresende blenden lassen. Jedoch fallen im Überblick vier Jahre auf: 2001, 2002, 2009 und 2018. Das waren allesamt Jahre in denen es starke Bewegungen und stark unterschiedliche Kursentwicklungen bei den einzelnen Titeln gab, so wie 2020 auch.

    Welche Werte liegen nun im Jahr 2020 bisher vorne? Schauen wir uns hier zunächst mal die USA, getrennt nach S&P 500 und Nasdaq 100 an:

    S&P 500Performance 2020
    NVIDIA +110,3 %
    PayPal+81,3 %
    Albermarle+79,7 %
    FedEx+78,4 %
    AMD+76,6 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020
    Nasdaq 100Performance 2020
    Tesla+537,8 %
    MercadoLibre+138,3 %
    JD.com+135,5 %
    NVIDIA+110,3 %
    PayPal+81,3 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020

    Da in Deutschland weniger Aktien in den Indizes enthalten sind und der Gesamtmarkt sich schlechter entwickelt hat, fallen die Zuwächse bei den Top-Werten auch geringer aus:

    DAXPerformance 2020
    Infineon+45,8 %
    Delivery Hero+40,3 %
    Deutsche Bank+37,1 %
    RWE+27,5 %
    Merck+26,6 %
    Quelle: www.finanzen.net; comdirect.de; Stand 28.11.2020
    MDAXPerformance 2020
    Shop Apotheke Europe NV+201,9 %
    HelloFresh+166,0 %
    Sartorius VZ+90,8 %
    Wacker Chemie+51,0 %
    Bechtle+50,5 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020
    TecDAXPerformance 2020
    Sartorius VZ+90,8 %
    Nordex+61,8 %
    Bechtle+50,5 %
    Infineon+45,8 %
    LPKF Laser Electronics+44,9 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020

    Bei diesen Aktien könnte es zum Jahresende hin noch einmal zu einer ordentlichen Nachfrage auf Grund des Window Dressings kommen. Umgedreht dürfte der Druck auf Flop-Aktien gegen Ende des Jahres zunehmen. Zunächst wieder die Loser aus den USA:

    S&P 500Performance 2020
    Norwegian Cruise Line-62,0 %
    Occidental Petroleum-61,6 %
    Macerich-61,5 %
    Carnival-60,6 %
    TechnipFMC-59,8 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020
    Nasdaq 100Performance 2020
    American Airlines-50,9 %
    Walgreens Boots Alliance-37,8 %
    Wynn Resorts-31,6 %
    Western Digital-30,0 %
    Intel-25,7 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020
    DAXPerformance 2020
    Bayer-32,0 %
    Fresenius-24,1 %
    MTU Aero Engines-19,7 %
    VW VZ-17,2 %
    SAP-16,8 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020
    MDAXPerformance 2020
    GRENKE-58,9 %
    Thyssenkrupp-53,8 %
    METRO ST-44,9 %
    Lufthansa-38,6 %
    HUGO BOSS-38,1 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020
    TecDAXPerformance 2020
    MorphoSys-25,5 %
    SAP-16,8 %
    freenet-15,0 %
    CANCOM-14,0 %
    1&1 Drillisch-13,6 %
    Quelle: www.finanzen.net; Stand 28.11.2020

    Geht man davon aus, dass es in diesem Jahr – vor allem ab der zweiten Dezember-Hälfte – zu einem Window Dressing-Effekt kommt und man möchte handeln, kann man wie folgt vorgehen: Wenn man in einer der stark gelaufenen Aktien rein möchte, dann besser jetzt als im Januar. Wenn man eine abgestrafte Aktie kaufen möchte, dann lieber in den ersten Tagen des neuen Jahres als jetzt. Umgedreht beim Verkauf: Möchte man sich von einem der Highflyer trennen, dürfte das Anfang Januar eventuell sinnvoller sein als jetzt. Bei Verlierern heißt es, sich besser jetzt noch zu trennen. Vielleicht kann man ja mit den Verlusten dann noch bereits gezahlte Steuern zurückholen. Dann schmerzen sie weniger. Mehr dazu im Beitrag über den Sparerpauschbetrag.

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