Die Gier vieler Anleger hat in den vergangenen Wochen zu teilweise heftigen Kurskapriolen bei einigen Pennystocks geführt. Ich zeige Euch heute anhand von zwei Beispielen (Rainforest Ressources, Nel Asa), was bei mir die Alarmglocken schrillen lässt.
Pennystocks üben für viele Anleger eine magische Anziehungskraft aus. Bei den niedrigen Kursen reichen bereits kleine absolute Veränderungen für hohe prozentuale Kursausschläge. Während, streng genommen, nur Aktien mit einem Kurs unter 1 Einheit der lokalen Währung als Pennystocks bezeichnet werden, wird in den USA der Begriff weiter gefasst. Dort fallen alle Aktien unter die Bezeichnung Pennystocks, die unter 5 US-Dollar notieren. In diese weiter gefasste Kategorie fallen auch die beiden nachfolgenden Werte.
Beispiel 1: Rainforest Resources. Die Firma hat Regenwaldprojeke am Laufen und will sich für den Erhalt von CO2-Zertifikaten qualifizieren. Diese Story beflügelt die Fantasie vieler Anleger. Der Kurs, der im September noch unter einem Euro lag, kletterte im November in der Spitze auf mehr als zehn Euro. Für den kräftigen Kursanstieg mit verantwortlich gewesen sein dürfte auch eine „Analyse“ von Swiss Investor. Am 5. November wurde ein Kursziel von 13,40 € ausgegeben. Worauf ich bei diesen „Analysen“ schaue, ist weniger der Inhalt, sondern viel mehr das Ende der Meldung. Dort steht nämlich oftmals viel über den Hintergrund der Analyse. Im obigen Beispiel heißt es dort:
"Achtung: Wichtiger Hinweis auf bestehende Interessenkonflikte Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass im Rahmen dieser Publikation Interessenkonflikte bestehen: 1. Die MSM GmbH & Co. KG und ihr nahestehende Personen besitzen Aktien der empfohlenen Gesellschaft (in diesem Fall: Rainforest Resources Inc) und beabsichtigen, diese im Rahmen und zu jedem Zeitpunkt dieser Empfehlung zu verkaufen. Hierin besteht ein eindeutiger und konkreter Interessenkonflikt. 2. Der Herausgeber dieser Publikation, sowie die verantwortlichen Redakteure erhalten für die Erstellung eine finanzielle Vergütung. Auch hierin besteht ein eindeutiger und konkreter Interessenkonflikt." Abgerufen am 03.12.2020 via comdirect.de
Daher: Bei jeder „Analyse“, das gilt nicht nur für Pennystocks, immer den Hinweis auf Interessenskonflikte anschauen. Dort wird schnell ersichtlich, welchen Wert eine solche Analyse hat. Bezahlt der Emittent dafür oder profitiert der Autor der Analyse von steigenden Kursen, sollten die Prognosen und Einschätzungen sehr kritisch hinterfragt werden.
Auf Rainforest ist inzwischen auch die BaFin aufmerksam geworden. Am 27.11.2020 warnte sie: „Rainforest Resources Inc. (ISIN US75087K1034): BaFin rät zur Vorsicht bei Kaufempfehlungen für Aktien
Nach Informationen der BaFin werden derzeit die Aktien der Rainforest Resources Inc. (ISIN US75087K1034) intensiv durch Börsenbriefe bzw. E-Mails zum Kauf empfohlen.
Die BaFin rät allen Anlegern, die in den Kaufempfehlungen gemachten Angaben mit Hilfe anderer Quellen sehr genau zu überprüfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Anlegern die Aktien sehr offensiv zum Kauf empfohlen werden, die in Aussicht gestellten Gewinne extrem hoch sind und/oder Anleger unter Zeitdruck gesetzt werden.
Häufig dienen solche Börsenbriefe bzw. E-Mails lediglich dazu, Anleger zum Kauf von bestimmten Aktien zu verleiten, damit die Absender von steigenden Kursen dieser Aktien profitieren.
Die Aktien der Gesellschaft sind in Deutschland an den Börsen Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und Tradegate in den Freiverkehr einbezogen.“
Quelle: BaFin.de
Beispiel 2: Ein ganz anderer Grund, der mich wachsam werden lässt, liegt bei einem weiteren sehr beliebten Pennystock vor: Nel Asa. Die Firma ist in einem interessanten Bereich der Herstellung von Wasserstoff aus elektrischer Energie sowie dessen Speicherung und Distribution aktiv. Papiere aus dem Wasserstoffsektor sind seit einiger Zeit gefragt und es kann auch gut sein, dass dieser Sektor Zukunft hat, das möchte ich alles gar nicht näher bewerten.
Die spannende Story und das reizvolle Thema haben viele Finanzjournalisten, vor allem in Deutschland veranlasst, über Nel Asa zu berichten und die Aktie vorzustellen. Anders als im ersten Beispiel gehe ich auch davon aus, dass bei diesen Berichten weder Eigeninteresse aufgrund von Aktienbesitz, noch eine Bezahlung für die Artikel eine Rolle für deren Veröffentlichung spielen. Vielmehr führt ein Mix aus Interesse am Thema, Berichterstattung und Anlagenotstand zu einer ganz kuriosen Situation: 43,8 Prozent der Aktien von Nel Asa liegen bei Clearstream Banking (Quelle: Nel Asa, Stand 03.12.2020):
Clearstream ist die Verwahrstelle für Papiere, die über die deutschen Börsen gekauft worden sind. Ich vermute, dass der überwiegende Anteil dieser 43,8 Prozent in Händen deutscher Kleinanleger liegt. Zweitgrößter Anteilseigner ist mit 1,96 Prozent Folketrygdfondet, also der Teil des Norwegischen Staatsfonds, der für die Mittel der Sozialversicherung anlegt und 85 Prozent seiner Gelder (davon 60 Prozent in Aktien) in Norwegen anlegt. Da Nel Asa mit 2,55 Prozent im Osloer OBX-Index gewichtet ist, lassen sich diese Anteile erklären. Daneben sind weitere Banken (Fondsanbieter, ADR-Sponsoren) mit Anteilen von jeweils bis zu 2 Prozent beteiligt sowie die Schweizer Clearingstelle SIX SIS AG (1,74 Prozent).
Ich kenne keinen anderen internationalen Small Cap mit dieser Marktkapitalisierung (aktuell 3 Milliarden Euro), der so extrem in der Hand von deutschen Kleinanlegern ist. Warum investiert kein internationaler Großkonzern oder Großinvestor wenn das Thema so vielversprechend ist? Weiter auffällig: Die Firma hat in den letzten Jahren sehr viel Kapital über Kapitalerhöhungen eingesammelt, sprich den aus Sicht des Managements hohen Kurs ausgenutzt.