Mit einem Freistellungsauftrag werden die ersten 1.000 Euro pro Person von der Kapitalertragssteuer befreit. Ich zeige Euch, wo und wie Ihr den Freistellungsauftrag einreichen könnt, was Ihr dabei beachten müsst und warum sich sogar mehr als 1.000 Euro Kapitalerträge steuerfrei kassieren lassen.
Wenn wir umgangssprachlich vom Sparerfreibetrag sprechen, meinen wir eigentlich den Sparerpauschbetrag. Ich verwende daher beide Begriffe im Folgenden synonym. Mit dem Sparerfreibetrag ermöglicht es der Staat Anlegern, die ersten 1.000 Euro (bei Verheirateten sind es 2.000 Euro) an Kapitalerträgen wie etwa Zinsen, Dividenden, ETF-Ausschüttungen und -Kursgewinne sowie Aktienkursgewinne steuerfrei zu kassieren. Um den Arbeitsaufwand gering zu halten, wurde der Freistellungsauftrag eingeführt.
Für welche Erträge gilt der Freistellungsauftrag?
Der Freistellungsauftrag gilt für Kapitalerträge, die der Kapitalertragssteuer unterliegen. Er gilt damit für Erträge wie beispielsweise Aktienkursgewinne, Dividenden, Zinsen, ETF-Gewinne und Ausschüttungen, Vorabpauschalen, Gewinne aus dem Handel mit strukturierten Finanzprodukten wie Zertifikaten, Optionsscheinen, CfD und Termingeschäften wie Futures und Optionen. Der Freistellungsauftrag gilt hingegen nicht für private Veräußerungsgeschäfte. Darunter fallen beispielsweise Gewinne aus der Veräußerung von Edelmetallen wie Gold sowie Gewinne aus Geschäften mit Kryptos. Für private Veräußerungsgeschäfte gilt eine Freigrenze von 1.000 Euro. Diese Freigrenze hat aber nichts mit dem Sparerfreibetrag zu tun. Zudem ist wichtig: Es handelt sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Sobald die 1.000 Euro erreicht oder überschritten sind, sind sämtliche Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerpflichtig und dann ist auch die Angabe in der Steuererklärung verpflichtend. Bei Kapitalerträgen, die der Kapitalertragssteuer unterliegen und für die der Freistellungsauftrag greift, ist dies komplett anders, wie wir im Folgenden noch sehen werden.
Wo und wie kann ich den Freistellungsauftrag einreichen?
Einreichen könnt Ihr den Freistellungsauftrag bei jedem deutschen Kreditinstitut, bei dem Ihr ein Konto oder Depot habt. Am besten reicht Ihr direkt bei Konto- oder Depoteröffnung einen Freistellungsauftrag ein. Solange Eure Kapitalerträge den Freibetrag nicht überschreiten, zahlt die Bank sie ohne Steuerabzug aus. Wenn das Konto nur auf Euren Namen läuft und Ihr nicht mit Eurem Ehepartner zusammen veranlagt werden wollt, geht das inzwischen in der Regel auch elektronisch und ganz schnell. Das einzige, was Ihr dafür braucht, ist Eure Steuer-ID. Ihr findet Eure Steuer-ID in einem Schreiben des Finanzamts, in Eurer letzten Steuererklärung oder oft in den persönlichen Daten eines anderen Bankkontos. Ihr könnt bei der Einreichung direkt angeben, wie lange der Freistellungsauftrag gültig sein soll. In der Regel ist es ratsam, ihn bis auf Widerruf zu erteilen. Dann habt Ihr im kommenden Jahr automatisch wieder den Freibetrag zur Verfügung.
Wenn Ihr bei einer Bank mehrere Konten oder Depots habt, so reicht es, den Antrag einmal pro Institut zu stellen, damit sind dann alle Konten und Depots bei dieser Bank abgedeckt. Das solltet Ihr vor allem im Auge behalten, wenn Ihr bei mehreren Neo-Brokern seid, welche die Baader Bank AG als depotführendes Institut haben. Dazu zählen dann beispielsweise Scalable (noch, hier wird Scalable im Laufe des Jahres auf eine eigene Depotführung umgestellen), Traders Place, Finanzen.Net Zero sowie der Smartbroker Plus. Der Freistellungsauftrag zählt hier über alle Broker hinweg.
Kann der Freistellungsauftrag auf mehrere Banken aufgeteilt werden?
Selbstverständlich könnt Ihr den Sparerpauschbetrag auf mehrere Institute aufteilen. Dazu ist es sinnvoll, einen Überblick zu haben, wo Ihr welchen Freistellungsauftrag erteilt habt. Ich empfehle daher eine Liste darüber zu führen, wo Ihr einen Freistellungsauftrag in welcher Höhe eingereicht habt. Falls Ihr im Laufe des Jahres mehr Freibetrag auf einem Konto benötigt, könnt Ihr die Anträge problemlos anpassen. Doch Vorsicht! Achtet darauf, dass Ihr in Summe nicht mehr als 1.000 Euro freistellt. Banken teilen dem Finanzamt nur die Höhe der tatsächlichen Kapitalerträge mit, nicht die der Freistellungsaufträge. Falls Ihr jedoch versehentlich über die 1.000 Euro hinausgeht, meldet sich das Finanzamt und Ihr riskiert Ärger. Ihr könnt die Situation meist durch das Ausfüllen der Anlage KAP in der Steuererklärung klären, aber zu viel freigestellte Kapitalerträge hinterlassen keinen guten Eindruck.
Kann ich den Sparerfreibetrag meines Partners mitnutzen?
Der Sparerpauschbetrag beträgt für Alleinstehende 1.000 Euro, bei Verheirateten verdoppelt er sich auf 2.000 Euro. Dabei ist es unerheblich, wer von Euch beiden die Kapitalerträge verdient. Wenn also nur einer der Partner kräftig Dividenden oder Kursgewinne erzielt und der andere nichts, so kann er den Freibetrag komplett ausnutzen. Wichtig ist nur, dass Ihr den Freistellungsauftrag zu zweit erteilt! Die meisten Banken bieten diese Möglichkeit im Jahr 2025 immer noch nur in Papierform an, weil beide Ehepartner ihre Unterschrift leisten müssen. Das dürfte im Übrigen auch der Grund sein, warum Trade Republic keinen gemeinsamen Freistellungsauftrag anbietet. Ein manueller Prozess wäre vermutlich zu aufwendig.
Gemeinsamer Freistellungsaufrag: Kann ich Verluste mit den Gewinnen meines Ehepartners verrechnen?
Angenommen ihr habt einen gemeinsamen Freistellungsauftrag komplett bei einem Institut und dennoch weitere Depots bei anderen Banken. In diesem Fall kann es sich lohnen, bei dem zweiten Institut einen gemeinsamen Freistellungsauftrag von 0 Euro einzureichen. In diesem Fall ermöglicht Ihr die ehegattenübergreifende Verlustverrechnung. Hat beispielsweise ein Partner 5.000 Euro Kursgewinne und der andere 3.000 Euro Kursverluste, so führt die ehegattenübergreifende Verlustverrechnung dazu, dass am Ende nur auf 2.000 Euro die Abgeltungssteuer, der Soli und gegebenenfalls die Kirchensteuer einbehalten wird.
Freistellungsauftrag ausgeschöpft – muss ich Kapitalerträge in der Steuererklärung angeben?
Erzielt Ihr mehr als 1.000 beziehungsweise 2.000 Euro Kapitalerträge, behält die Bank direkt Steuern auf den Kapitalertrag ein. Für den Betrag, der den Sparerfreibetrag übersteigt, führt die Bank automatisch die Kapitalertragssteuer, den Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls die Kirchensteuer ab. Erzielt Ihr also als Alleinstehende 1.100 Euro Kapitalerträge in Summe, so müsst Ihr auf 100 Euro Steuern abführen. Wenn Ihr keiner Kirche angehört, so gehen von Euren 100 Euro automatisch 25 Euro Kapitalertragsteuer und darauf 5,5 Prozent (= 1,375 Prozent vom zu versteuernden Betrag), also 1,375 Euro Solidaritätszuschlag ab. Auch wenn der Soli 2021 für die meisten Bundesbürger abgeschafft worden ist, auf Kapitalerträge wird er weiterhin fällig.
Einen „niedrigeren“ Satz bei der Kapitalertragssteuer gibt es im Übrigen für Angehörige der Kirchen: Sie zahlen nur 24,51 Prozent (Bayern und Baden-Württemberg) beziehungsweise 24,45 Prozent (übriges Deutschland). Das hängt damit zusammen, dass sie neben dem Soli auch 8 beziehungsweise 9 Prozent Kirchensteuer auf die Kapitalertragssteuer zahlen. Die Kirchensteuer ist im Rahmen der Steuererklärung jedoch als Sonderausgabe ansetzbar, was die Steuerlast mindert. Die Bank berücksichtigt dies bereits bei der Berechnung der Kapitalertragssteuer und des Solidartitätszuschlags.
Günstigerprüfung und Nichtveranlagungsbescheinigung
Verdient Ihr sehr wenig und liegt Euer persönlicher Grenzsteuersatz unter 25 Prozent, kommt die Günstigerprüfung in Frage. Die Bank behält weiterhin die Abgeltungssteuer von 25 Prozent zuzüglich Soli und gegebenenfalls Kirchensteuer ein, falls der Freistellungsauftrag nicht ausreicht. Mit der Günstigerprüfung beauftragt Ihr in der Anlage KAP das Finanzamt jedoch zu prüfen, ob eine Versteuerung mit dem Regelsteuersatz für Euch günstiger ist. Ist dies der Fall, bekommt Ihr zu viel gezahlte Steuern zurück.
Falls Ihr noch über gar kein anderes Einkommen verfügt, oder Geld auf den Namen und für Eure minderjährigen Kinder anlegt, dann kommt für Euch gegebenenfalls auch eine Nichtveranlagungsbescheinigung in Frage. In diesem Fall erübrigt sich ein Freistellungsauftrag und Kapitalerträge bis 13.096 Euro (Zahlen für 2025, Werte ändern sich jährich, Alleinstehende, setzt sich aus 1.000 Euro Freistellungsauftrag und 12.096 Euro Grundfreibetrag zusammen, bei Verheirateten 26.192 Euro Gesamtfreibetrag) bleiben vom Steuerabzug befreit. Anleger, deren Kinder gesetzlich krankenversichert sind, sollten aufpassen, dass (2025 ab 7.420 Euro) durch die Kapitalerträge die Mitgliedschaft in der Familienversicherung gefährdet ist.
Kann ich verbleibenden Sparerfreibetrag auch ins nächste Jahr vortragen?
Gerade am Beginn seines Investorendaseins schöpft man den Sparerpauschbetrag oft nicht voll aus. Hier kommt von vielen Anlegern dann die Frage, ob man den Freibetrag nicht ins Folgejahr mitnehmen könnte, das ist allerdings nicht möglich. Der Betrag, der am Ende des Jahres nicht ausgeschöpft ist, verfällt. Daher ist gerade gegen Jahresende eine clevere Steuerplanung angesagt: Nehmen wir einmal an, Ihr seid alleinstehend und habt nur für 200 Euro Dividenden im Jahr bekommen. Nun habt Ihr aber einige Positionen im Depot, die noch im Gewinn sind. Beispielsweise eine Aktienposition mit 800 Euro Gewinn. Wenn ihr die Position verkauft und anschließend wieder zurückkauft, spart Ihr künftig Steuern und nutzt den Sparerfreibetrag jetzt aus. Das lohnt sich aber nur bei günstigen Brokern wie Trade Republic, Scalable oder Smartbroker+. Die Transaktionskosten mindern im Übrigen den zu versteuernden Gewinn, anders als beispielsweise Depotgebühren. Die ganzen Spielvarianten habe ich in einem eigenen Beitrag beschrieben.
Freistellungsauftrag oder Verlusttopf – was geht vor?
Ich erlebe es immer wieder, dass Anleger Gewinne realisieren und sich wundern, warum der Freistellungsauftrag unangetastet bleibt. Daher erkläre ich nachfolgend die grundlegende Systematik: Es gibt zwei Verlustverrechnungstöpfe: den für Aktienkursverluste und den Topf Sonstige, auch allgemeiner Verlustverrechnungstopf bezeichnet. Wichtig ist dabei, dass der Topf Aktienkursverluste nur mit Aktienkursgewinnen aufgefüllt werden kann. In den Topf Sonstige gehen sämtliche Verluste sowie Stückzinsen, mit Ausnahme von Aktienkursverlusten. Der Topf Sonstige kann mit allen Erträgen gefüllt werden. Haben sich nun in beiden Töpfen Verluste angesammelt und Ihr realisiert Aktienkursgewinne, so gehen diese zunächst in den Topf Aktienkursverluste. Und zwar so lange, bis dieser gefüllt ist. Sobald er bei Null ist, werden auch Verluste im Topf Sonstige herangezogen. Erst, wenn beide Töpfe auf Null sind, führen Aktienkursgewinne zum Aufbrauchen des Freistellungsauftrags.
Anders bei Zinsen, ETF-Gewinnen oder Dividenden – also bei allen Erträgen, die in den Topf Sonstige gehen. Der Topf Aktienkursverluste bleibt hier weiter vorhanden. Es wird zunächst der Verlust im Topf Sonstige ausgeglichen, anschließend der Sparerfreibetrag, dann der Quellensteuertopf und erst dann werden Steuern für die Erträge fällig. Auch nachdem ihr unterm Jahr bereits einmal Abgeltungssteuer gezahlt hattet, kann diese wieder erstattet werden, wenn später Verluste anfallen. Die Reihenfolge, innerhalb derer Gewinne und Verluste innerhalb eines Jahres anfallen, ist für die Besteuerung egal. Passt aber beim Realisieren von Verlusten vor allem dabei auf, dass gegen Jahresende nicht der Freistellungsauftrag wieder auflebt (wenn mehr Verluste realisiert werden als Gewinne vorher versteuert wurden). Bleibt am Jahresende ein Rest Freistellungsauftrag, verfällt dieser.
Steuerfalle ausländische Quellensteuern
Für Dividenden aus vielen Ländern werden Quellensteuern fällig. Diese werden von den lokalen Finanzbehörden erhoben und unabhängig von einem in Deutschland vorhandenen Freistellungsauftrag einbehalten. Quellensteuern von bis zu 15 Prozent sind auf die deutsche Kapitalertragssteuer anrechenbar. Wenn also ein ausländischer Staat 15 Prozent Quellensteuer berechnet, dann zahlt Ihr nur noch 10 Prozent Kapitalertragssteuer und auch nur darauf den Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer. Bei ausgeschöpftem Freistellungsauftrag ist die Besteuerung von vielen ausländischen Dividenden daher etwas günstiger als von Dividenden deutscher Aktien.
Doch Vorsicht: Ausländische Dividenden, die mit Quellensteuern belegt sind, werden richtig ärgerlich, sofern der Freistellungsauftrag (noch) nicht ausgeschöpft wird. Der ausländische Staat behält seine Quellensteuer dennoch ein. Bei einem Quellensteuersatz von beispielsweise 15 Prozent erhaltet Ihr trotz nicht ausgeschöpften Freistellungsauftrags nur 85 Prozent der Dividende ausbezahlt. Die gezahlte Quellensteuer wird im Quellensteuertopf angesammelt und erst dann mit der zu zahlenden Kapitalertragssteuer verrechnet, wenn Euer Freistellungsauftrag komplett ausgeschöpft ist. Auch daher kann es sich gerade am Anfang lohnen, am Jahresende noch ein paar Gewinne zu realisieren, damit der Quellensteuertopf verrechnet wird. Der Broker setzt den Quellensteuertopf am Jahresende wieder auf Null zurück.
Kann ich auch bei Brokern, bei denen das Depot nicht in Deutschland liegt, Freistellungsaufträge stellen?
Einige Broker, wie Degiro oder CapTrader *, können nichts mit Freistellungsaufträgen anfangen. Diese Broker ziehen keine Abgeltungssteuer ein. Hier seid Ihr ganz und gar alleine dafür verantwortlich, dass Eure Kapitalerträge richtig in der Steuererklärung angegeben werden. Dadurch bleibt der Steuerbetrag bis zur Steuererklärung auf Eurem Konto verfügbar.
ETF – Booster für den Sparerfreibetrag
ETFs können wahre Booster für den Sparerfreibetrag sein, der Grund hierfür ist die Teilfreistellung. ETfs mit mindestens 51 Prozent Aktienanteil verfügen über eine Teilfreistellung von 30 Prozent. Das bedeutet, dass nur 70 Prozent der Ausschüttungen und Kursgewinne der Besteuerung unterworfen werden. Ihr könnt daher mit einem Aktien-ETF Erträge bis zu 1.428,57 Euro (errechnet aus 1.000 Euro durch 0,7) in den 1.000 Euro Freistellungsauftrag unterbringen.
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