Dividenden bereiten vielen Anlegern Freude, sind sie doch ein willkommener und oft langfristig steigender Geldzufluss. Da es beim Anrecht auf Dividende und der Auszahlung der Ausschüttungen Unterschiede gibt, ist es ratsam zumindest für deutsche und amerikanische Aktien einige wesentliche Stichtage und Abläufe zu kennen. Mit dem Know-how könnt Ihr dann einige Anleger aufklären, die sich wundern, warum die Dividende noch nicht auf dem Konto ist, oder noch krasser: Warum noch weiter Dividenden fließen, obwohl die Aktie längst verkauft worden ist!
Schauen wir uns zunächst einmal die Situation in Deutschland am Beispiel Allianz an: Am 21. Februar hat der Münchener Versicherungskonzern auf der Bilanzpressekonferenz für das Jahr 2019 seinen Dividendenvorschlag unterbreitet. Anleger sollen eine Dividende von 9,60 Euro je Allianz-Aktie erhalten. Dieser Dividendenvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat wird nun der Hauptversammlung am 6. Mai 2020 unterbreitet. Die Aktionäre der Versicherung müssen mehrheitlich dem gemachten Vorschlag zustimmen. Um die Dividende für das Jahr 2019 zu erhalten, müssen Anleger bei deutschen Firmen spätestens am Tag der Hauptversammlung zu Handelsschluss, in diesem Fall also am 6. Mai 2019, Aktionär der Allianz sein. Dieser Tag wird als Dividendenstichtag bezeichnet.
Der Tag nach der Hauptversammlung versetzt Aktionäre manchmal in Schrecken, denn an diesem Tag notieren die Aktien der betreffenden Firmen im Minus, selbst während der Gesamtmarkt im Plus ist. Allerdings ist das kein Grund zur Sorge, denn die Aktie notiert am Tag nach der Hauptversammlung ex-Dividende. Bei Kursen ist dies oft mit dem Zusatz xD oder exD gekennzeichnet. Das bedeutet, dass der neue Käufer keinen Anspruch mehr auf die Dividende hat. Nehmen wir an, der Allianz-Kurs schließt am Tag der Hauptversammlung mit 165 €. Wenn die Aktie dann am Tag nach der HV, dem Ex-Tag, mit 154,40 € eröffnet, so erzielt der Anleger keinerlei Verlust. Denn 154,40 € plus die Dividende von 9,60 € ergeben zusammen den Vortageskurs von 165 €. In der Praxis ist der Dividendenabschlag selten genau dem Dividendenbetrag gleich. Hin und wieder holt der Aktienkurs noch am gleichen Tag einen Teil des Abschlages auf, was Aktionäre natürlich erfreut. Das Beispiel der Allianz zeigt aber auch, dass es nicht funktioniert, die Aktie am Tag vor der Dividendenzahlung zu kaufen, die Dividende zu kassieren und die Aktie dann wieder zu verkaufen. Das geht, bringt in der Regel aber keinen wirtschaftlichen Vorteil – auch angesichts der Transaktionskosten. Bis das Geld auf dem Konto der Aktionäre ist, vergehen aber noch zwei weitere Bankarbeitstage. Da die Allianz-Aktie an einem Donnerstag (7. Mai 2020) ex-Dividende gehandelt wird, erfolgt die Auszahlung an die Aktionäre erst am Montag, den 11. Mai 2020.
Bedingt durch die Corona-Krise gibt es in der Hauptversammlungssaison 2020 einige Besonderheiten: So hat der Bundestag am 27. März ein Gesetz beschlossen, das die Grundlage für virtuelle Hauptversammlungen schafft. Die Allianz wird hiervon Gebrauch machen und kann daher die Hauptversammlung am 6. Mai abhalten, die Aktionäre können online teilnehmen. Andere Gesellschaften, wie BASF haben den Termin verschoben, bei BASF auf den 18. Juni und gleichzeitig auf eine virtuelle Hauptversammlung umgestellt. Das neue Gesetz gibt Gesellschaften allerdings noch eine weitere Möglichkeit: Sie können zunächst auch ohne Zustimmung der Hauptversammlung einen Abschlag auf die Dividende zahlen und die genaue Dividendenhöhe anschließend von der Hauptversammlung beschließen lassen.
In Deutschland erhalten Aktionäre in der Regel bisher ein Mal pro Jahr Dividende. Wie gezeigt ist das kurz nach der Hauptversammlung. Im Kreise der DAX-Firmen gibt es jedoch eine Ausnahme davon, und das ist die Linde Plc. Nach der Fusion mit Praxair domiziliert der Gasekonzern in Irland, bleibt aber weiter Mitglied im DAX. Mit der Fusion hat der neue Konzern auch die im angelsächsischen Raum beheimatete Tradition der Quartalsdividende übernommen. Anleger erhalten bei Linde gleich vier Mal im Jahr eine Dividende. Diese wird in US-Dollar festgelegt (aktuell 0,9630 US-$ pro Quartal), die Bank rechnet die Dividende am jeweiligen Zahltag dann in Euro um und zahlt sie aus.
Quartalsdividenden sind in den USA Standard, wobei es inzwischen auch einige Monatszahler gibt. Das hat auch für die Unternehmen einen großen Vorteil: Es fließt vier mal im Jahr eine „kleinere Summe“ aus dem Unternehmen ab, und nicht wie bei deutschen Firmen, einmal ein (bei DAX-Werten) Milliardenbetrag. Anleger freut dieser stetige Cash-Flow ebenfalls. Aber es gibt noch zahlreiche andere Unterschiede bei amerikanischen Dividendenwerten: Festgelegt wird die Höhe der Ausschüttung quartalsweise vom Board of Directors. Der amerikanische Mischkonzern Danaher hat beispielsweise am 10. Dezember mitgeteilt, eine Quartalsdividende von 17 Cent je Aktie zu zahlen. Wer nun schon in den Tagen darauf auf Cash auf seinem Konto wartet, der wird enttäuscht. Bis das Geld auf dem Konto des Anlegers ist, dauert es etwas länger.
Wie der Meldung zu entnehmen ist, müssen Anleger am 27. Dezember 2019 Aktionär von Danaher gewesen sein, damit sie die Quartalsdividende erhalten. Der 27. Dezember wird als Record Date bezeichnet. Da die Lieferzeit für die Aktie berücksichtigt werden muss, ist der Tag, an dem die Aktien ex-Dividende gehandelt werden, bereits zwei Börsentage vorher. Da in den USA an Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag gehandelt wird, war es in diesem Fall der 24. Dezember. Vor Handelsbeginn am 24. Dezember wurde bereits der Dividendenabschlag vorgenommen. Dies führt ab und an zu Verwirrungen, da die US-Firmen in ihren Pressemitteilungen immer nur den Record Date angeben. Bis die Dividende schlussendlich auf dem Konto des Anlegers ist, vergeht noch eine Weile. Denn in der Mitteilung hat Danaher den Zahltag für die Dividende auf den 31. Januar 2020 festgelegt. Erst an diesem Tag wird die Dividende ausbezahlt. Da viele Banken die Dividende erst auf den Konten der Aktionäre verbuchen, wenn das Geld auch bei ihnen eingegangen ist, vergehen noch mal ein paar Tage, bis das Geld schlussendlich auf dem Konto des Aktionärs landet. Bei Danaher wurde mir das Geld bei Consors am 4. Februar 2020 mit Valuta 31. Januar 2020 gutgeschrieben.
Dieser lange Zeitablauf kann zu einem Kuriosum führen: Hat der Anleger beispielsweise am 5. Januar seine Danaher-Aktien verkauft, so bekommt er dennoch in den ersten Februar-Tagen Geld auf sein Konto. Viele glauben erst mal an einen Fehler, zumal sie bei den US-Werten den Dividendenabschlag meist im Kursverlauf nicht mal merken. Aber alles hat seine Richtigkeit und es fordert auch niemand etwas zurück.
Mehr Informationen zu Dividendenaktien findet Ihr in der Facebook-Gruppe Dividendenstrategie von Jonathan Neuscheler. Eine Übersicht über die von den DAX-Konzernen gezahlten Dividenden findet Ihr hier zum Download. Last but not least kann ich interessierten Anlegern noch die von Christian W. Röhl (Dividendenadel) zusammen mit der DWS und der FOM Hochschule erstellte Dividendenstudie 2020 ans Herz legen.