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    40.000 € in Startup investiert – wie Cinetica das Filmen revolutioniert.

    Im Sommer 2021 habe ich 40.000 Euro in ein Münchener Startup investiert. In diesem Beitrag erläutere ich Euch, was Cinetica macht, wie ich auf die Firma aufmerksam geworden bin, wie wir zum Produkt recherchiert und uns ordentlich Fördermittel gesichert haben.

    Bei Investments denken viele sofort an Aktien, ETFs oder Anleihen, aber auch als Privatanleger kann man sich direkt an Unternehmen beteiligen. Seit 1999 habe ich das bereits mehrfach gemacht, und mit der Endor AG und der Weng Fine Art AG haben es auch zwei Gesellschaften, an denen ich mich sehr frühzeitig, nämlich 1999 und 2008, beteiligt hatte, bereits an die Börse geschafft. Im Sommer habe ich mich nun mit vier Freunden zusammen an der in München ansässigen Cinetica GmbH beteiligt.

    Cinetica hat ein Patent auf ein System für den „dynamischen Gewichtsausgleich“, der auf einer hochkomplexen physikalischen Formel beruht. Kurz gesagt: Man kann vorne eine Nutzlast, zum Beispiel eine Kamera, befestigen. Hinten kommt ein Ausgleichsgewicht hin. Das Besondere: Egal in welcher Position sich die Kamera befindet, sie ist quasi schwerelos und hält ihre Position. Das Interessante am Patent ist, dass es nicht speziell für die Anwendung mit der Kamera, sondern auf die physikalische Formel erteilt worden ist. Vor allem für Bereiche, in denen schwere Lasten über längere Zeiträume gehalten und bewegt werden müssen und bei denen ein elektrischer oder hydraulischer Antrieb ausscheidet, könnte das im Patent geschützte Prinzip Anwendung finden. Wie der Nutron, so heißt das erste Produkt von Cinetica, in der Praxis aussieht, könnt Ihr im kurzen Werbefilm sehen (Video startet genau an der Stelle mit den Cinetica-Spot):

    Ich hatte Euch auf Instagram und auch im YouTube-Community-Tab gefragt, was Euch besonders interessiert. Viele von Euch haben sich gefragt, gerade auch welche, die sich selbst aktiv mit dem Filmen beschäftigen, ob es so ein Produkt überhaupt braucht, angesichts von Steady-Cam, Gimbal und Stabilisierungsprogrammen. Diese Frage haben wir uns am Anfang auch gestellt und aus diesem Grund zum ersten Treffen auch einen befreundeten Kameramann, der schon für das ZDF hinter der Kamera stand, zur Präsentation mitgenommen. Bei den weiteren Terminen waren noch zwei weitere Experten aus dem Film-Equipment-Verleih dabei – alle waren begeistert. Warum? Der Nutron kann von einer Person aufgebaut und bedient werden, ist einfach zu transportieren und man kann lange und sehr flexibel mit ihm drehen. Gerade bei kleinen Produktionen, Image- oder Produktfilmen in Firmen, etc. hat der Filmer oft nur einen Tag oder einen Zeitslot zum Drehen. Gleichzeitig kennt er die örtlichen Gegebenheiten oft nicht. Der Einbau von Slidern, auf denen die Kamera gleitet, scheidet damit meist aus. Eine professionelle Kamera wiegt zudem sehr viel, so dass der Kameramann nur eine relativ kurze Zeit aktiv drehen kann.

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    Der Nutron ist damit ein Nischenprodukt. Er ist ideal für Einzelkämpfer hinter der Kamera, was die Personalkosten eines Drehs deutlich senkt. Film-Equipment wird großteils von speziellen Verleihfirmen ausgeliehen. Während bisher oft sicherheitshalber noch das ein oder andere Equipment zusätzlich ausgeliehen werden muss, sind die Kosten beim Nutron besser kalkulierbar und überschaubar. Obendrein verleiht der Nutron dem Filmer große künstlerische Freiheit und lässt ihn sehr spontane Einstellungen filmen.

    Wie kommt man an so eine Unternehmensbeteiligung ran?

    Es gibt verschiedene Wege. Allerdings halte ich von den Angeboten, die über eher offizielle Kanäle, wie zum Beispiel Business-Angel-Netzwerke usw. kommen, eher wenig. Sowohl ich selbst als auch Freunde haben hier regelmäßig nur Enttäuschungen erlebt und aus diesen Quellen noch kein einziges erfolgreiches Investment abgeschlossen. Die besten Chancen ergeben sich, wenn jemand im erweiterten privaten oder geschäftlichen Umfeld unternehmerisch aktiv ist. Das war bei den oben erwähnten Fällen Endor und Weng Fine Art so, und auch jetzt wieder bei Cinetica. Erste Kontakte zum jetzigen Geschäftsführer Manuel Meya habe ich bereits im Oktober 2017 geknüpft. Damals hat Leon von Klitzing in der Facebook-Gruppe Unternehmerkanal nach gleichgesinnten Unternehmern in München gesucht, und wir haben uns fortan zu einem Stammtisch getroffen. Leon hat mit Plant Vibes im Übrigen ein grandioses Geschäft hochgezogen. Er verkauft unter anderem Einweggeschirr aus Palmblättern.

    Links der Thread, der zum ersten Treffen geführt hat, rechts die Produkte, die der Initiator Leon von Klitzing mit Plant Vibes anbietet.

    Vor Corona fanden die Unternehmenertreffen alle ein bis zwei Monate in München statt, und es waren zwischen fünf und zehn Leute anwesend. Im Herbst 2019 hat mich Manuel Meya dann angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, mal einen Probe-Pitch anzuhören. Er wäre bei einer Firma von Freunden eingestiegen und sie würden nun eine Finanzierungsrunde planen. Sie alle hatten noch nie gepitched, und ich habe mir mit ein paar Freunden und Bekannten (darunter einer, der bereits bei professionellen Filmproduktionen hinter der Kamera stand) uns die Präsentation angehört. Unser Interesse war geweckt. Wir waren von der Idee nach anfänglicher Skepsis überzeugt, einzig das Patent war zu diesem Zeitpunkt nur eingereicht, aber noch nicht erteilt.

    Wie hoch war den Unternehmensbewertung?

    Als im Frühjahr 2021 schließlich das Patent erteilt wurde, war für uns klar, dass wir investieren möchten. Einzig offene Frage war noch die Höhe der Beteiligung sowie der Preis. Letztendlich haben wir uns auf einen Preis von 220.000 Euro für knapp über 25 Prozent der Gesellschaft geeinigt. Dies entspricht einer Bewertung von rund 657.000 Euro pre money, beziehungsweise 877.000 post money. Ich selbst hab 4,56 Prozent der Gesellschaft für ein Investment von 40.000 Euro übernommen. Der Preis reflektiert zum einen die Tatsache, dass es sich beim Nutron um ein Produkt für eine sehr spezielle Nische handelt, die Gesellschaft aber gleichzeitig auch über das Patent für den Mechanismus verfügt, und sich hieraus noch weitere Chancen ergeben können. Am 19. Juli war es dann soweit: Der Notartermin stand an. Denn anders als beispielsweise bei der Übertragung von Aktien, ist für die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen immer ein Notar erforderlich.

    Wie kommt man an staatliche Förderungen?

    Ein Faktor, der das Investment obendrein interessant macht, ist ein steuerfreier Zuschuss des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Das BAFA fördert die Beteiligung an jungen und innovativen Unternehmen, das Patent war hier der ausschlaggebende Faktor, mit einem Zuschuss in Höhe von 20 Prozent des investierten Kapitals. So habe ich von den 40.000 Euro direkt 8.000 Euro vom Staat zurück erhalten und netto also nur noch 32.000 Euro investiert. Es gibt aber noch ein weiteres Bonbon: Einen Exit-Zuschuss in Höhe von 25 Prozent des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile.

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    Wann kommt der Nutron auf den Markt?

    Die Entwicklung des Nutron ist weitgehend abgeschlossen. Das erste für den Verkauf vorgesehene Exemplar wird Anfang März wohl fertig sein. Je nach Nachfrage beginnt dann die Produktion einer ersten Kleinserie und anschließend die Serienproduktion. Ursprünglich war geplant, den Nutron im Frühjahr auf der Cinec Expo, der internationalen Fachmesse für Cine Equipment und Technologie vorzustellen. Die Messe wurde aufgrund der Pandemie allerdings auf den 16. bis 18. September verschoben, so dass der Produktlaunch bereits jetzt erfolgt und die Messe im Herbst als zusätzliches Vertriebsevent dient.

    Die vier Gründer: Jan Riepert, Andreas Lukas, Matthias Müller und Manuel Meya.

    Was hat Dich am meisten an Cinetica überzeugt?

    Das Team! Ich habe bisher noch nie ein so gut zusammenarbeitendes Gründerteam erlebt. Jan Riepert ist Industriedesigner, Matthias Müller Metallbaumeister, Andreas Lukas Filmemacher und Manuel Meya ist Schlossermeister mit MBA. Manuel berät zudem Handwerksunternehmen und ist in Sachen Förderprogramme extrem gut aufgestellt. Die vier kennen sich schon sehr lange, teils aus Ausbildungszeiten und ergänzen sich perfekt. Ein wichtiger Punkt: Jan und Matthias sind voll bei Cinetica eingestiegen und entsprechend hat sich seit dem Sommer die Produktentwicklung beschleunigt.

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    Machst Du selbst operativ etwas bei Cinetica?

    Nein, operativ habe ich bei Cinetica keine Aufgabe. Ich bin nur Investor. Allerdings stehen wir den Gründern mit Rat und Tat zur Seite. So überlegen wir derzeit gerade gemeinsam, wie das Working Capital für die erste Phase der Serienproduktion gestemmt wird. Neben einer Bankfinanzierung kommt hier auch ein Modell in Frage, das wir schon bei Endor eingesetzt haben. Dabei werden die Darlehen, die in der Regel aus dem erweiterten Gesellschafterkreis kommen, durch die mit dem Geld produzierten Gerätschaften besichert. Das reduziert die Risiken für die Geldgeber und sichert dem Unternehmen gleichzeitig die benötigte Liquidität.

    Wie kannst Du die Anteile mal wieder verkaufen beziehungsweise wie stellst Du Dir den Exit vor?

    Über einen möglichen späteren Verkauf der Beteiligung oder anderweitige Form der Kapitalisierung haben wir externe Investoren uns bisher noch keine Gedanken gemacht. Aber prinzipiell gibt es hier verschiedene Wege. Es kann durchaus sein, dass in den kommenden Jahren ein Wettbewerber Interesse an Cinetica zeigt und sein Produktportfolio ergänzen will. Es kann aber auch sein, dass ein komplett branchenfremdes Unternehmen Interesse an dem Patent hat und eigene Produkte auf dieser Basis in ganz anderen Bereichen entwickeln will. Hier besteht auch die Möglichkeit, dass die Patente für gewisse Bereiche einfach nur auslizenziert werden. Last but not least kann es durchaus auch sein, dass sich Cinetica zu einem mittelständischen Unternehmen entwickelt und über Jahre solide Ausschüttungen zahlt. Wir werden sehen, wohin die Reise geht. Für einen späteren Börsengang halte ich die Nische, in der Cinetica unterwegs ist, allerdings zu speziell.

    Das Entspannendste an solchen Investments ist im Übrigen, dass es nicht jeden Tag Kurse gibt. Als Investor fokussiert man sich auf die operative Entwicklung, freut sich über jede Erfolgsmeldung und Idee des Gründerteams. Es macht Spaß zu sehen, wie mit etwas finanziellem Rückhalt großartige neue Produkte entstehen. Wenn Ihr oder Eure Freunde ebenfalls auf der Suche nach Investoren seid, dann schreibt mir doch eine E-Mail: [email protected]. Gerne schaue ich mir das Projekt mal an.

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