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    Steuerfreie Dividenden – wo es sie gibt und steuerliche Fallen!


    Am Donnerstag gab es Dividende der Deutschen Telekom aufs Konto. Bei der Abrechnung haben sich viele Aktionäre verwundert die Augen gerieben: Obwohl der Sparerfreibetrag schon voll war (oder kein Freistellungsauftrag gestellt war), wurde keine Abgeltungssteuer einbehalten. Ein Fehler der Bank? Ein Aprilscherz – war die Telekom-HV doch am 1. April – oder alles rechtens? Wie es zu diesen steuerfreien Dividenden kommt und warum die gerade für viele Kleinanleger sich sogar negativ auswirken, das erkläre ich Euch in diesem Beitrag. (Das nachfolgende ist jedoch keine Steuerberatung!)

    Die Hauptversammlungssaison ist in Deutschland in vollem Gange und damit fließen auch üppig Dividenden. Drei Tage nach der Hauptversammlung wird bei deutschen Aktiengesellschaften die dort beschlossene Dividende auf die Konten der Aktionäre ausgezahlt. Normalerweise wird hierbei – sofern der Sparerpauschbetrag ausgeschöpft ist – eine Abgeltungssteuer von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent auf diese 25 Prozent, also 1,375 Prozent von der Dividendensumme) und gegebenenfalls Kirchensteuer fällig. Nicht so bei den Aktien der Deutschen Telekom, von Vonovia, der Deutschen Pfandbriefbank sowie voraussichtlich von Freenet.

    Wie ist sowas möglich? Schauen wir dazu in die HV-Einladung der Dt. Telekom, die über die Ausschüttung beschließt. Dort heißt es: „Da die Dividende für das Geschäftsjahr 2020 in vollem Umfang aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes (nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen) geleistet wird, erfolgt die Auszahlung ohne Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Bei inländischen Aktionären unterliegt die Dividende nicht der Besteuerung.“ Klasse Aktion also? Weit gefehlt, denn weiter heißt es: „Die Ausschüttung mindert nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung die steuerlichen Anschaffungskosten der Aktien“. Bedeutet: Aktionäre bekommen keine Steuern auf die Dividende berechnet, aber der rechnerische Einstandskurs reduziert sich um die Höhe der Dividende, da es sich um eine Rückgewähr von Einlagen handelt. Und damit ist es streng genommen auch keine Dividende, denn die Dividende wird immer aus dem Bilanzgewinn bezahlt.

    Ein Beispiel (Annahme Sparerpauschbetrag ist voll): Ein Anleger hat im Oktober 2020 Aktien der Deutschen Telekom zu 13,20 Euro gekauft. Am 8. April hat er nun eine „steuerfreie Dividende“ von 0,60 € je Aktie erhalten. Die Bank reduziert nun die für den Anleger vermerkten Anschaffungskosten um diese 0,60 Euro auf 12,60 Euro je Aktie. Würde er nun die Aktie zum aktuellen Kurs von 16,60 Euro verkaufen, müsste der Anleger auf die Differenz von 4,00 Euro Abgeltungssteuer zahlen.

    Wäre die Dividende regulär gezahlt worden, sähe die Rechnung wie folgt aus: 0,60 Euro Dividende und 16,60 Euro minus 13,20 Euro = 3,40 Euro Kursgewinn macht zusammen auch 4,00 Euro Ertrag, der der Abgeltungssteuer unterliegt. Für Anleger, die die Aktie also nur relativ kurz halten, macht das damit so gut wie keinen Unterschied. Anders für Anleger, welche die Aktie der Deutschen Telekom bereits vor 2009 gekauft haben: Für sie sind die Kursgewinne steuerfrei und damit handelt es sich bei der Ausschüttung auch um eine „echte“ steuerfreie Dividende. Bei Buy & Hold-Investoren mit einem sehr langen Anlagehorizont führt die „steuerfreie Dividende“ immerhin zu einer Verschiebung des Besteuerungszeitpunktes. Mehr Geld bleibt also investiert und man hat einen kleinen Stundungseffekt.

    Nachteilig wird die steuerfreie Dividende sogar bei Anlegern, die ihren Sparerfreibetrag im Laufe des Jahres nicht voll ausschöpfen. Warum? Eine reguläre Dividende wäre im Rahmen des Sparerpauschbetrages steuerfrei geblieben. Die Reduktion des Einstandspreises führt nun unter Umständen dazu, dass sich der künftig bei Veräußerung erzielte Gewinn erhöht und Ihr (falls dann der Sparerfreibetrag überschritten ist) am Ende in Summe mehr Steuern zahlt.

    Wie erfahrt Ihr nun, ob es sich um eine Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes handelt? Verlässlichste Quelle ist immer die Einladung zur Hauptversammlung. Dort wird es im Detail erwähnt. Es gibt aber im Internet auch eine Seite von Gereon Kruse, die eine wunderschöne Übersicht dazu hat: Börsengeflüster.de. Für alle, die sich für deutsche Nebenwerte interessieren, ist die Seite von Gereon ohnehin absolut empfehlenswert. Es ist eine der hochwertigsten Finanzinformationsseiten im Internet!

    In Sachen Dividenden gab es diese Woche noch eine weitere Meldung, die ich Euch nicht vorenthalten möchte: Christian W. Röhl hat zusammen mit Marc Tüngler (DSW) und Prof. Eric Frère (FOM Hochschule) die alljährliche Dividendenstudien Deutschland 2021 veröffentlicht. Diese findet Ihr auf seiner Seite www.dividendenadel.de.

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    Haftungsausschluss: Der Autor erstellt die Beiträge nach bestem Wissen und Gewissen, eine Richtigkeit der angegebenen Daten kann jedoch nicht garantiert werden. Es findet keinerlei Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung durch Finanzgeschichten.com, die HWPH AG oder Matthias Schmitt statt. Bei den Beiträgen handelt es sich um persönliche Erfahrungsberichte, Meinungen und Recherchen, die ausschließlich Informationszwecken dienen. Die Informationen stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf irgendeines Wertpapieres dar. Der Kauf von Aktien ist mit hohen Risiken bis hin zum Totalverlust behaftet. Deine Investitionsentscheidungen darfst Du nur nach eigenen Recherchen und nicht basierend auf den Informationsangeboten von Finanzgeschichten.com treffen. Wir übernehmen keine Verantwortung für jegliche Konsequenzen und Verluste, die aus der Verwendung der Informationen entstehen.
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    5 Comments

    1. Hallo Matthias,
      ein sehr spannendes Blogprojekt hast Du – sehr informativ und gut zu lesen. Und toll, dass Du auch dem Thema „Steuern“ so viel Aufmerksamkeit widmest. Das wird vielerorts leider sehr stiefmütterlich behandelt, sollte aber jedem Anleger bekannt sein.
      Eine Frage zur Telekom und der sog. „steuerfreien“ Dividende hätte ich, vielleicht kannst du mir helfen: Sagen wir ich habe die T-Aktie zu 12,- Euro gekauft und würde sie mindestens 20 Jahre (ohne Dividendenwachstum, der Einfachheit halber) halten. Somit wären mir 12 Euro Gesamtdividende ausgezahlt worden und bei Veräußerung würde – so mein Verständnis – der Einstiegskurs von exakt 0 Euro angelegt werden. Soweit so gut. Aber was passiert im darauffolgenden Jahr? Würde man seitens des Finanzamtes/der Depot führenden Bank wirklich mit negativen Einstiegskursen rechnen? Das wäre irgendwie logisch, aber so würde ich ja im schlimmsten Falle (Totalverlust der Telekom in 21 Jahren) bei einem Kurs von 0,01 Euro und einem Verkauf noch immer Steuern auf den „Gewinn“ zahlen.
      Ich hoffe, mein Gedankenspiel ist halbwegs nachvollziehbar und nicht zu wirr. Aber trotz einiger sehr konstruierter Entwicklungen fände ich diese Handhabe sehr merkwürdig.
      Ich freue mich auf deine Antwort,
      Gruß Toni

      • Hallo Toni,
        Danke fürs Feedback. Es ist tatsächlich so, dass dann die Einstandskurse negativ werden. Ich habe so einen Fall bei den offenen Immobilienfonds in Abwicklung (P2 Value, CS Euroreal, KanAm). Diese Fonds wurden nach der Finanzkrise geschlossen und gingen in Abwicklung. Aber: An der Börse Hamburg wurden im Freiverkehr weiter Kurse gestellt. Die Kurse in Hamburg lagen teils unter 50 Prozent des Net Asset Value (NAV) – und da hab ich gekauft. In den letzten gut 10 Jahren wurden die Immobilien nun weitgehend alle verkauft und es gab jedes halbe Jahr steuerfreie Kapitalrückzahlungen. Diese haben – wie bei steuerfreien Dividenden auch – den steuerlichen Einstandskurs gemindert. Inzwischen bin ich bei einigen dieser Fonds bei einem relativ hohen negativen Einstand. Wenn ich verkaufe, müsste ich mehr Steuern zahlen als Cash raus kommt. Lösungsweg: An Kinder verschenken, die noch Freibetrag haben (fortgeführte Anschaffungskosten werden übernommen). 🙂
        Bei Aktien sollte das aber mit steuerfreien Dividenden so gut wie nicht möglich sein, denn irgendwann hat die Gesellschaft dieses steuerfreie Ausschüttungspotential aufgebraucht und dann kommen normale Ausschüttungen.
        Schöne Grüße
        Matthias

    2. […] Längst ist es ein Klassiker auf boersengefluester.de (BGFL): Seit nunmehr neun Jahren veröffentlichen wir die Auflistung mit den „steuerfreien“ Dividenden zum Start der neuen Hauptversammlungssaison. So auch diesmal: Zum Start Mitte April kommen wir diesmal auf 18 Unternehmen, die ihre Dividende aus dem steuerlichen Einlagekonto ausschütten – was beim Aktionär mit einer nachgelagerten Besteuerung einhergeht. Eine vergleichsweise normale Ausbeute. Das exakte Prozedere hat boersengefluester.de schon mehrfach beschrieben, kompakt beschrieben ist es auch auf unserer Übersicht mit den Steuerfreien Dividenden für die HV-Saison 2022. Wer sich die Details lieber im Videoformat ansehen möchte, dem empfehlen wir weiterhin den sehr nutzwertigen YouTube-Beitrag „Steuerfreie Dividenden – wo es sie gibt und steuerliche Fallen!“ unseres geschätzten Kollegen Matthias Schmitt auf seinem Kanal finanzgeschichten.com. […]

    3. Hallo,

      die Erklärung ist sehr schön genau und detailiert.
      Ich habe eine Frage zu dem 1. Telekombeispiel. Ich habe keine Telekomaktien, sehe bei mir aber parallelen mit Pfandbriefbank und Telefonica Deutschland.
      Nehmen wir an die Dividende schwankt. So, dass sich nach 10 Jahren der Kauf der Telekomaktien sich durch die Dividendenausschüttungen amortisiert hat, also die AK = 0 € sind. Unter der Annahme, dass der Kurs auch nach 10 Jahren 13,20 je Stück beträgt. Wenn ich es richtig verstanden habe müsste ich, wenn ich die Aktie für z.B. 14,20 € je Stück verkaufe, bedeutet das ich im Jahr 2032 dann 14,20 € x 0,25 = 3,55 € je Stück an Abgeltungssteuer bezahlen muss (vorausgesetzt, ceteris paribus; Steuerrecht bleibt unreformiert)? Was passiert, wenn ich die Aktie noch länger halte, sich z.B. die Aktie durch die Dividende doppelt Amortisiert hat, heißt dass, Summe der Dividenden: 28,40 € je Stück + Veräußerung: 14,20 € je Stück = 42,6 x 0,25 = 10,65 € je Stück.
      Vielen Dank nochmal.

      • Hallo Thomas,
        genau so ist es. Im Extremfall wird der Anschaffungspreis dann negativ (nur bei Deiner letzten Rechnung musst du dann natürlich den Anschaffungspreis noch berücksichtigen, auf jeden Fall sind am Ende die Dividenden nicht steuerfrei, sondern es findest nur eine Verlagerung des Besteuerungszeitpunktes auf den Verkaufszeitpunkt statt)
        Ich hatte den Fall bei offenen Immobilienfonds in Abwicklung schon. Beim P2 Value wurden mehr steuerfreie Kapitalrückzahlungen geleistet als ich Kaufpreis bezahlt hatte. Beim Verkauf war dann eine extrem hohe Steuerbelastung.

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