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    Der große Denkfehler vieler ETF-Einsteiger

    Viele Anleger beginnen über ETFs das Investieren. Mit den Indexfonds lässt sich einfach breit gestreut investieren. Dabei ist mir in den vergangenen Wochen aufgefallen, dass sehr viele Anleger einen ähnlichen Fehler begehen. Ich erkläre Euch, warum es zu dieser Fehlinterpretation kommt und wie Ihr diesen Fehler vermeidet.

    Beginnen wir mit einem Vergleich zweiter Portfolios und der Frage: Welches Portfolio ist besser diversifiziert?

    Portfolio 1 besteht aus einem einzigen ETF, dem Vanguard FTSE All World (ISIN IE00BK5BQT80). Beim zweiten Portfolio hat der Anleger gedacht, dass er ängstlicher sei, und hat deshalb nicht alles auf einen ETF setzen wollen. Er hat sich etwas umgeschaut und sein Portfolio schließlich auf vier ETFs, die alle bei Anlegern aktuell sehr beliebt sind, aufgeteilt. Je 25 Prozent des Portfolios investiert er in den FTSE All World von Vanguard (IE00BK5BQT80), den Invesco S&P 500 ETF (IE00B3YCGJ38), den iShares Nasdaq 100 (DE000A0F5UF5) sowie den xtrackers MSCI World Information Techology (IE00BM67HT60).

    Intuitiv werden hier sehr viele Anleger antworten: Portfolio 2. Es besteht aus vier verschiedenen ETFs und nicht nur aus einem. Das sollte doch besser diversifiziert sein als ein Portfolio 1 mit nur einem ETF. Und genau hier setzt der Denkfehler an. Es werden zwei Gedanken miteinander verknüpft: ETFs legen breit gestreut an sowie je mehr Portfolio-Positionen, desto besser diversifiziert. Und dass das nicht stimmt, das zeigt sich, wenn wir einfach mal die Top 10 Einzelwerte der beiden Portfolios gegenüberstellen.

    Quelle der Daten: www.etf1.de; eigene Berechnungen

    Wir sehen also: Trotz der vier verschiedenen Indexfonds ist die Diversifikation in Portfolio 2 deutlich schlechter. Die großen amerikanischen Konzerne Apple, Microsoft, Amazon, Facebook, Alphabet und Tesla machen 28 Prozent im Portfolio 2 aus. Diese hohe Gewichtung liegt vor allem daran, dass in den drei dazugemischten ETFs weniger Werte (500 im S&P 500, 100 im Nasdaq 100, 189 im MSCI World Information Tech.) enthalten sind und die Top 10-Werte deutlich höhere Gewichtungen haben. Im S&P 500 liegt der Anteil der 10 Schwergewichte noch bei erträglichen 26,6 Prozent. Viel extremer ist die Situation im Nasdaq 100 und im MSCI World Information Technology-Index. Dort beträgt der Anteil der 10 Indexschwergewichte 51,9 beziehungsweise 51,6 Prozent. Dass die Ländergewichtung hier noch mehr in Richtung USA verschoben wird, erklärt sich, denke ich, von selbst, wenn man bedenkt, dass der S&P 500 und auch das Nasdaq 100 amerikanische Indizes sind.

    Welche Lehren sollten Anleger nun daraus ziehen, wenn sie gerade neu dabei sind, zu investieren:

    1. Auch ein ETF ist genug Diversifikation, wenn es sich um einen der großen Welt-ETFs handelt. In diesem einen ETF sind mehrere Tausend Aktien aus aller Welt enthalten.
    2. Wenn Ihr weiter diversifizieren wollt, oder ein sogenanntes Core-Satellite-Portfolio, also ein Portfolio, bei dem im Kern ein Welt-ETF steht (Core) und außen rum kleinere Positionen in anderen ETFs oder Aktien aufgebaut werden, dann achtet darauf, dass diese Satelliten nicht so sehr mit dem Kern korrelieren. Das ist beispielsweise bei Immobilienaktien, Rohstoffaktien (oder auch Gold selbst), Nahrungsmittelaktien oder auch bei Faktor-ETFs der Fall. Denkt dabei auch daran, dass nicht nur Aktien, sondern auch andere Assetklassen zu einer guten Assetallokation gehören.
    3. Meidet Trend-ETFs. Die in Portfolio 2 ergänzten ETFs habe ich nicht einfach so gewählt, es waren populäre ETFs auf Tradegate. Neben diesen zählen dort vor allem Themen-ETFs wie der Global Clean Energy, Wasser-ETFs, Electric Vehicle-ETFs oder ETFs auf sonstige neue Technologien. Diese Faustformel gilt im Übrigen auch für Aktien: Es ist oft besser, die Papiere zu meiden, die gerade jedermanns Favorit sind. Wichtig ist hier noch anzumerken: Trend-Produkte sind oft marketing-getriebene Angebote. Sprich die Vertriebsabteilung einer Bank, eines Anbieters merkt großes Kundeninteresse und anschließend werden entsprechende Produkte auf den Markt gebracht. Oftmals haben diese Produkte dann auch sehr hohe Kosten, zum Nachteil der Anleger.

    Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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    5 Comments

    1. Toller Artikel! Diese ETF-Fehler werden häufiger gemacht als man denkt. Gerade All-World kombiniert mit Emerging Markets hat m. E. nicht so viel Sinn. Dann doch eher MSCI World + EM. Vielen Dank!

      • Danke fürs Feedback!Ja, ich war auch erschrocken, als ich so manche Kombi in Vorschlägen von Einsteigern gesehen habe. So bin ich auch auf das Thema gekommen.

    2. Hallo Matthias.
      Danke für diesen Hinweis. Ich gehe auch davon aus, dass die wenigsten ETF-Sparer nachschauen, welche Aktien genau ihr Wunsch-ETF beinhaltet 😉

    3. Ich finde das Beispiel etwas einseitig gewählt, in Portfolio 2 sind ja praktisch nur US-ETFs.
      Ich würde einen US-ETF, einen aus Europa, einen aus Asien (ohne China) und einen China-ETF.
      Aber schon klar: nicht jeder hat lange Erfahrung mit ETFs oder guckt sich die Positionen an.

      • Ich hab das Portfolio 2 nicht zufällig so gewählt. Ich habe solche Portfolios in letzter Zeit sehr häufig gesehen, da alles sich nur noch auf die USA und Technologie fokussiert hat.
        Deine Aufteilung auf die 4 ETFs hat ja keine Überschneidungen und diversifiziert damit gut (kommt fast schon einem Welt-ETF gleich). So geht es sinnvoll. Aber da Europa z. B. die letzten 10 Jahre nicht so gut gelaufen ist, sagen sich viele: Warum soll ich die Underperformer kaufen.

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