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    Delisting – Abschied von der Börse

    Immer mehr deutsche Firmen verkünden ihren Abschied von der Börse: Delisting heißt das Zauberwort. Das Management beschließt auf Geheiß der Großaktionäre einfach, dass die Aktien fortan nicht mehr an der Börse notiert werden, und schütteln damit die „lästigen“ Kleinaktionäre ab. Meist brechen Aktien nach der Delisting-Ankündigung ein und Kleinaktionäre verkaufen aus Panik. Heute erkläre ich Euch, warum Ihr keine Angst davor haben müsst, und wie aus dem vermeintlichen Nachteil eine Chance für Euch wird.

    Rocket Internet, die Internetschmiede der Samwer-Brüder, hat es vorgemacht, Centrotec und DEAG sind gefolgt: Die Großaktionäre beschließen, dass die Aktien künftig nicht mehr an der Börse gelistet sein sollen. In den Tagen danach erhalten die übrigen Aktionäre von der Bank ein Schreiben, in dem sie über ein Übernahmeangebot des Großaktionärs informiert werden. Oftmals bricht der Kurs noch ein, da der gebotene Preis unter dem Börsenkurs liegt.

    Direkt nach der Ankündigung des Delistings ging es bei DEAG rapide bergab. Der Kurs notiert nur noch knapp über dem gebotenen Delisting-Preis von 3,09 €.

    Wie im Chart schön zu sehen ist, verkaufen viele Aktionäre in Panik, und der Kurs notiert in der Regel nur noch knapp über dem gebotenen Abfindungspreis. Im Fall der DEAG Deutsche Entertainment [Hinweis auf mögliche Interessenskonflikte: Ich selbst bin bei DEAG, bei Centrotec und bei Weng Fine Art investiert] beträgt dieser 3,09 €, wohingegen die Aktie zuvor bei 3,75 € stand. Ein herber Verlust für die Anteilseigner, zumal viele Firmen, die wie DEAG von der Corona-Krise stark getroffen waren, in den letzten Wochen weiter zugelegt haben.

    Rechtlich ist dagegen wenig einzuwenden, denn die Basis für solche Delistings hat der Gesetzgeber Ende 2015 geschaffen. Demnach darf ein Emittent (also ein Unternehmen) die Zulassung der Aktien zum Handel an einem regulierten Markt widerrufen. Einzige Bedingung: Den Anlegern muss ein auf Basis des volumengewichteten Sechs-Monats-Durchschnittskurses basierendes oder darüber liegendes Angebot unterbreitet werden. Der ermittelte Kurs wird anschließend von der BaFin überprüft.

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    Und genau diese Methode bei der Berechnung der Abfindung, die nicht auf den Wert, sondern auf den Preis (Kurs) abzielt, macht es für viele Großaktionäre gerade attraktiv, ein Delisting anzustreben. Bei vielen Corona-Verlierern ist der Kurs noch gedrückt, aber die Aussichten bessern sich – Hoffnung auf neues Wachstum keimt auf. Genau diese Chance wollen sich die Großaktionäre nicht entgehen lassen und schlagen zu.

    Was die meisten Anleger in dieser Situation nicht bedenken: Es gibt für sie keine Pflicht, dieses Angebot anzunehmen. Anders als bei einem Squeeze-Out (können Großaktionäre machen, wenn sie 90 bzw. 95 Prozent der Aktien haben) gibt es keinen Zwang, die Aktien dem Großaktionär anzudienen. Dem Anleger bleibt es überlassen, ob er seine Aktien verkauft oder behält. Es findet also keine Enteignung oder ähnliches statt.

    Warum kommt es dennoch zu Kursverlusten? Das hängt damit zusammen, dass viele Fonds und institutionelle Anleger fortan nicht mehr in die Aktie investieren dürfen, da sie als Voraussetzung haben, dass die Aktien an einem regulierten Markt gehandelt werden. Diese Gruppe muss verkaufen und viele Kleinanleger verkaufen aus Panik. Und so fiel sowohl bei Rocket Internet, als auch bei Cetrotec und DEAG der Kurs recht schnell auf ein Niveau knapp über den Angebotsbetrag des Großaktionärs.

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    Es kommt noch besser: Was die wenigsten wissen: Sowohl Rocket Internet als auch Centrotec wurden nach dem Delisting im Freiverkehr der Hamburger Börse weiter notiert. Und auch bei DEAG dürfte das der Fall sein. Rocket Internet und Centrotec sind danach sogar wieder gestiegen, wobei bei Rocket Internet der Einstieg des berüchtigten Investors Paul Singer, der 15 Prozent mit seinem Hedgefonds Elliott International erworben hat, wesentlich zum Kursanstieg beigetragen hat.

    Die Samwer-Brüder haben die Rechnung ohne Paul Singer und dessen Hedgefonds Elliott International gemacht.

    Einer Notierung im Freiverkehr der Börse Hamburg kann das Unternehmen widersprechen. Allerdings ist mir bisher kein Fall bekannt, in dem das geschehen ist. Ein Nachteil für Investoren, den man kennen sollte, ist: Im Freiverkehr gibt es deutlich weniger Informationspflichten. Oftmals sind der Geschäftsbericht und die Hauptversammlung die spärlichen Informationsquellen. Zudem ist die Liquidität an der Börse Hamburg geringer und die Spanne zwischen An- und Verkaufskursen steigt. Ein Hinweis noch für Kunden von Neobrokern wie Trade Republic: Lang & Schwarz stellt ebenfalls keine Kurse mehr, damit ist auch kein Handel für sie mehr möglich. Allerdings bleiben die Aktien im Depot und es gibt auch weiter Dividenden (falls welche gezahlt werden).

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    Und falls die Notierung in Hamburg auch eingestellt werden sollte? Auch sowas habe ich vor Jahren schon mal mitgemacht. Mitte 2016 ging die Weng Fine Art AG von der Börse. Ich war vom Unternehmen überzeugt und habe die Aktien vor dem Delisting zu Kursen von 3 – 4 Euro gekauft. In der Folgezeit wurden Kurse bei Valora gestellt (Telefonhandel) und auch die Gesellschaft hat Rückkaufangebote unterbreitet. Es kam jedoch anders: Die Geduld wurde belohnt und es kam zu einem erneuten Börsenlisting. Heute steht der Kurs bei über 20 Euro.

    Als Aktionär sollte man sich also nicht von der Delisting-Ankündigung schocken lassen. Wer bereit ist, sich tiefer mit dem Unternehmen auseinanderzusetzen und als langfristiger Investor agiert, dem bietet es sogar die Chance, günstig einzusteigen. Denn in den meisten Fällen erfolgt das Delisting, weil die Großaktionäre Stücke günstig einsammeln wollen und von der Zukunft der Firma überzeugt sind.

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