Aktien des britisch-niederländischen Ölkonzerns sind derzeit bei Anlegern sehr beliebt. Dies liegt an der hohen Dividendenrendite, die aktuell bei mehr als zehn Prozent liegt, sofern die Höhe der Dividende auch in Zukunft gehalten wird. Beim Aktienkauf stehen fast alle Anleger dann vor der gleichen Frage: Kaufe ich die A- oder die B-Aktie? Was ist der Unterschied? Welche ist besser für mich?
Grundsätzlich kauft man mit beiden Aktiengattungen den jeweils gleichen Anteil am Unternehmen. Da die Firma, ähnlich wie auch Unilever, ein britisch-niederländisches Gemeinschaftsunternehmen ist, gibt es zwei Aktiengattungen. Die A-Aktie (WKN A0D94M, ISIN GB00B03MLX29) ist die niederländische Aktie, die B-Aktie (WKN A0ER6S, ISIN GB00B03MM408) ist die britische Aktie. Der Unterschied zwischen beiden Wertpapieren liegt in der steuerlichen Behandlung der Dividende. Die Niederlande behalten 15 % Quellensteuer auf Ausschüttungen ein, während Großbritannien keine Quellensteuer berechnet und die volle Dividende in Deutschland ankommt.
Fall 1: Anleger mit nicht ausgeschöpftem Sparerfreibetrag
Deutsche Anleger, die in diesem Jahr (und auch in den Folgejahren) den Sparerfreibetrag voraussichtlich nicht ausschöpfen werden, sollten zur B-Aktie (britisch) von Shell greifen. Großbritannien zieht ihnen dann keine Quellensteuer ab und überweist den vollen Dividendenbetrag nach Deutschland. Da noch genügend Sparerfreibetrag besteht, wird das Geld komplett dem deutschen Anleger gutgeschrieben.
Fall 2: Der Sparerfreibetrag ist ausgeschöpft
Anders sieht die Situation mit einem ausgeschöpften Sparerfreibetrag aus. Der nachfolgenden Berechnung liegt ein Kapitalertragssteuersatz von 25 Prozent und ein Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent auf die Kapitalertragssteuer zu Grunde. Die Kirchensteuer wurde in dieser Betrachtung außen vor gelassen. Aber soviel vorneweg: Sie hat die gleiche Wirkung wie der Soli.
Der niederländische Staat behält bei der A-Aktie von Shell bereits 15 Prozent, in obigem Beispiel also 15 Euro, als Quellensteuer ein. In Deutschland wird diese Quellensteuer angerechnet, so dass nur noch 10 Prozent Kapitalertragssteuer anfallen, im Beispiel 10 Euro. Und nur auf diese 10 € wird der Solidaritätszuschlag (und gegebenenfalls die Kirchensteuer) fällig. Am Ende bekommt der Anleger von den 100 Euro brutto 74,45 Euro auf sein Konto überwiesen.
Betrachten wir nur die Alternative, die B-Aktie von Shell. Hier kommen die vollen 100 Euro in Deutschland an und der deutsche Fiskus hält die Hand auf. 25 Euro Kapitalertragssteuer und darauf 1,375 Euro Solidaritätszuschlag (und gegebenenfalls die Kirchensteuer) gehen von der Dividende weg. Auf dem Konto des Anlegers landen in unserem Beispiel 73,63 Euro, und damit 0,82 Euro weniger als bei der Dividende der A-Aktie. Klarer Fall also: Anleger mit ausgeschöpftem Sparerfreibetrag wählen die A-Aktie. So einfach ist der Fall allerdings nicht. Denn die B-Aktie wird aktuell mit 15,49 Euro (Schlusskurs Xetra 17.04.2020) günstiger gehandelt als die A-Aktie (15,95 Euro, Schlusskurs Xetra 17.04.2020). In der Vergangenheit waren allerdings beide Aktien meist auf gleichen Niveau, zeitweise war die B-Aktie sogar etwas teurer. Solange dieser Abschlag bestehen bleibt, ist die B-Aktie trotz des steuerlichen Nachteils die attraktivere, denn aufgrund des geringeren Kurses ist die Dividendenrendite von Haus aus höher, so dass der Steuernachteil ausgeglichen wird. Zudem besteht die Chance darauf, dass der Abschlag aufgeholt wird.