Die Börse München hatte zur Fachkonferenz Finanzdienstleistungen in ihre Räumlichkeiten am Karolinenplatz geladen. Ich habe die Konferenz besucht und stelle Euch im folgenden Beitrag die fünf Firmen, die sich dort präsentiert haben, kurz vor.
Vorweg: Bei den Finanzdienstleistern, die auf der m:access Fachkonferenz sich Anlegern präsentiert haben, handelt es sich um Small und Micro, ja teils fast Nano Caps. Bitte beachtet hier die Besonderheiten dieser Werte. Mehr dazu findet ihr im Artikel Nebenwerte und Micro Caps.
Baader Bank AG
Den Start machte Nico Baader von der Baader Bank AG. Wenn Ihr Eure Depots beim Smartbroker+, Scalable, Finanzen.net Zero oder Traders Place habt, dann wird Euer Depot letztendlich bei der Baader Bank geführt. Baader bezeichnet dieses Geschäft als Banking- und Brokerage-B2B2C-Infrastruktur. Bedeutet, dass Baader den genannten Neo- und Online-Brokern die technische Plattform zur Verfügung stellt (B2B – also von Unternehmen zu Unternehmen) und diese Kunden sich dann an Endkunden richten (B2C – also von Unternehmen an Endkunden). Im ersten Halbjahr ist die Zahl der Kunden auf 1,43 Millionen gestiegen, nachdem es Ende 2023 noch 1,217 Millionen Kunden waren. Die Zahl der betreuten Kundendepots stieg von 1,277 auf 1,5 Millionen. Der Unterschied rührt daher, dass es Kunden gibt, die bei mehreren der genannten Neo-Brokern ein Depot haben.
Daneben betreibt Baader noch Market Making. Dazu zählt zum Beispiel das Stellen von An- und Verkaufskursen an der Börse Gettex, wo Baader der alleinige Market Maker ist. Neben Gettex stellt Baader auch Kurse an den Börsenplätzen Berlin, München, Stuttgart, Wien, der Frankfurter Wertpapierbörse sowie an der Börse Frankfurt Zertifikate.
Das Ergebnis der Baader Bank AG hängt damit natürlich sehr stark von der Handelsaktivität der Kunden ab. Während 2023 die Handelsaktivität doch noch sehr gedämpft war, stieg im ersten Halbjahr 2024 diese gegenüber dem ersten Halbjahr 2023 wieder an. Im Oktober wurde sogar ein neuer Rekord erreicht: Die Baader Bank AG führte an einem einzigen Handelstag 1,8 Millionen Kundenaufträge aus. Nico Baader geht davon aus, dass auch die Baader Bank AG von der Reform der geförderten privaten Altersvorsorge profitieren wird, bezeichnete die bisher vorgeschlagenen Maßnahmen allerdings als einen Tropfen auf den heißen Stein.
mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG
Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG dürfte den wenigsten auf die Schnelle was sagen und doch dürften viele von Euch schon Geschäfte mit der Firma, die in Gräfelfing bei München sitzt, gemacht haben. Ähnlich wie die Baader Bank AG übernimmt mwb die Skontroführung beziehungsweise die Funktion als Spezialist für Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und offene Immobilienfonds. Insgesamt werden 43.000 Orderbücher betreut. mwb ist an den Börsenplätzen Hamburg, Hannover, Berlin, Tradegate, Frankfurt und München aktiv. Mit 25,1 Prozent ist die BÖAG Börsen AG, welche die Börsen in Hamburg, Hannover und Düsseldorf betreibt, einer der großen Aktionäre von mwb.
Neben der Skontroführung verfügt mwb noch über den Geschäftsbereich Corporates & Markets, der drei Bereiche umfasst: Im Kapitalmarktgeschäft werden Unternehmen Dienstleistungen rund um die Themen Börsengang (IPO), Kapitalerhöhungen, Platzierungen und Blocktrades, Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen, Aktienrückkäufe, Übernahme-Angeboten, Research sowie Konferenzen und Roadshows angeboten. Die beiden weiteren Bereiche sind Sales & Orderausführungen, Betreuung institutioneller Kunden sowie das Designated Sponsoring, wo mwb rund 150 Mandate inne hat. 2023 trug der Bereich Corporates & Markets rund elf Prozent zum Ergebnis bei, während die Skontroführung dominiert hat.
Die weiterhin hohe Zahl von Delistings und Squeeze-Outs und die vergleichsweise geringe Anzahl neuer Börsengänge, bremst das Kapitalmarktgeschäft aktuell. Aber ein mit 29 Prozent doch recht deutlich gestiegenes Provisions- und Handelsergebnis hat im ersten Halbjahr den Jahresüberschuss auf 1,3 Millionen Euro katapultiert. Je Aktie wurden 41 Cent verdient. Ähnlich wie bei der Baader Bank AG ist das Ergebnis stark von der Volatilität der Märkte und der Handelsaktivität der Anleger abhängig. Je höher beides, desto besser in der Regel für mwb.
Stock3 AG
Die dritte Firma kennen recht sicher auch wieder die wenigsten, dafür dürften aber viele deren Beteiligungen wie Goldesel (ja, die Firma vom Instagrammer Michael Flender) und Tradermacher (Lars Erichsen). Stock3 ist eine Art Plattform für aktive Anleger, die gleichzeitig Informationen und Instrumente liefert, die für eine Tradingentscheidung notwendig sind, und zudem nahtlos Broker integriert und damit den Handel erleichtert. Die User können schnell handeln, ohne die Plattform verlassen zu müssen. Technisch wird die Anbindung von der 100-prozentigen Tochter brokerize realisiert. Im Jahr 2023 wurden bereits etwa 1,7 Millionen Trades über die brokerize-Schnittstelle platziert.
„Wir haben die Kunden, die aktiv an den Märkten sind“, erläutert Gründer und Vorstand Robert Abend. In Zahlen ausgedrückt: Die Hälfte aller Stock3-Nutzer setzen mehr als elf Orders pro Monat ab. 36 Prozent der Kunden haben ein Depotvolumen von 100.000 bis zu einer Million Euro und vier Prozent sogar über einer Million Euro.
Während das Jahr 2023 bei Stock3 ganz im Zeichen von Übernahmen stand, und die Anzahl der erreichten User deutlich erweitert wurde, sollen sich im vierten Quartal des laufenden Geschäftsjahres die Synergien materialisieren und auch 2025 sowohl auf der Umsatz- als auch auf der Kostenseite bemerkbar machen. Der Fokus liegt aktuell darauf, die Margen zu erhöhen. Aber auch bei der Stock3 AG zeigt sich, dass wichtige Kennzahlen deutlich von der Entwicklung der Aktienmärkte abhängen, wie ein Blick auf die Entwicklung der Kunden und Trades in der nachfolgenden Übersicht zeigt.
In den Jahren 2020 und 2021 hat die Gesellschaft bei den Abonnements deutlich von der stark wachsenden Börsenbegeisterung in Deutschland profitiert. Während die Trades auch 2022 dank der volatilen Märkte noch zugelegt haben, führte die Marktberuhigung 2023 zu einem deutlichen Abflachen der Handelsaktivitäten der User.
Rubean AG
Die vierte Gesellschaft, die sich auf der Fachkonferenz präsentiert hat, die kannte selbst ich bisher nicht. Die Rubean AG ist bereits seit 2016 an der Börse notiert. Sie ermöglicht es über ihre App, jedem Händler Kartenzahlungen auf einem Mobilgerät anzunehmen. Die Software von Rubean verwandelt herkömmliche aber auch industriespezifische Mobilgeräte durch eine Software-App in voll funktionsfähige, kontaktlose Bezahlterminals. Die Lösung wird als SoftPOS bezeichnet. Ein Beispiel: Ihr kauft Schuhe bei Deichmann ein. Ein Mitarbeiter berät Euch und Ihr habt Euch für neues Paar entschieden. Normalerweise folgt nun der Gang zur Kasse, Schlange stehen, es wird versucht, Euch noch ein Impregnierspray oder Pflegeset aufs Auge zu drücken, und dann geht es ans Zahlen. Mit SoftPOS kann der Mitarbeiter, der Euch beraten (oder besser gesagt Euch den Schuh verkauft) hat, mit seinem Smartphone oder einem spezialisierten Gerät direkt Eure EC- oder Kreditkartenzahlung entgegennehmen. Technisch umgesetzt wird das Ganze über die NFC-Funktion des Smartphones.
Eingesetzt wird die Software von Rubean bereits bei Firmen, bei denen der Bezahlvorgang bei Lieferung (Cash on Delivery) erfolgt. Das ist zum Beispiel bei dpd in Spanien und Tschechien der Fall, bei der spanischen Post Correos Nacional aber auch bei paymenttools, der Bezahl-Tochter des Einzelhändlers REWE oder bei Deichmann. In Deutschland hat Rubean, nach eigener Aussage, als einziger SoftPOS-Anbieter die Möglichkeit, Zahlungen per girocard (EC-Karte) anzunehmen, und in Spanien hat Rubean als einziger SoftPOS-Anbieter eine Anbindung an Gateway Redsys. Dies stelle durchaus Markteintrittsbarrieren für Wettbewerber dar.
Wie verdient Rubean nun an der App? Es gibt drei Einnahmequellen: Zum einen fallen für die App monatliche Lizenzgebühren an, daneben gibt es noch eine Gebühr, die abhängig ist vom Transaktionsvolumen, und zu guter Letzt erhält Rubean eine Empfehlungs-Gebühr. Banken entlohnen damit Rubean für die Vermittlung von Neugeschäft. Das ist dann der Fall, wenn die Unternehmen die Lizenzen für die App direkt bei Rubean kaufen und nicht von der Bank zur Verfügung gestellt bekommen. Pro App und Monat will Rubean so auf drei Euro Umsatz pro installierter App kommen. Das hört sich im ersten Moment nach nicht viel an, aber es wären monatlich mehr oder minder wiederkehrende Umsätze.
Aktuell ist Rubean in Deutschland, Großbritannien, Spanien, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und in Kolumbien mit ihrer App am Start. In vielen anderen europäischen Ländern laufen Vertriebsprojekte. Nachdem 2022 der Umsatz noch bei 835.000 Euro lag, stieg er 2023 auf 1,024 Millionen Euro und soll 2024 auf mehr als 2,2 Millionen Euro klettern. 2025 will Rubean bei einem Umsatz von rund sechs Millionen Euro erstmals ein positives EBIT (Earnings before Interest and Taxes, also Gewinn vor Zinsen und Steuern) ausweisen. Auf monatlicher Basis soll bereits im ersten Halbjahr 2025 der Break-Even erreicht werden.
Um das Wachstum zu finanzieren, soll bis Jahresende noch eine Kapitalerhöhung über 1,17 Millionen Aktien zu jeweils sechs Euro je Aktie platziert werden.
Die Umsatzsteigerungen sehen sehr interessant aus, doch bisher fehlt mir jeglicher Einblick in den Markt und eine Einschätzung zur tatsächlichen Relevanz des Produkts beziehungsweise möglicher Alternativen. Wenn Ihr im Bereich Payment-Lösungen oder in sonstigen IT-Bereichen etc. aktiv seid und einen näheren Einblick bezüglich Alternativen oder einer partiellen (Girocard) Alleinstellung habt, würde ich mich über einen Kommentar oder E-Mail ([email protected]) freuen.
Netfonds AG
Die Runde komplett machte die Netfonds AG. Ähnlich wie die Baader Bank AG ist sie im Bereich B2B2C-Plattform-Geschäft aktiv. Sie bietet Versicherungs-, Investment- und Finanzierungsvermittlern eine Plattform (rechter Teil der Grafik).
Insgesamt hat Netfonds per 30. Juni 2024 rund 26,3 Milliarden Euro Assets under Adminstration. 3,3 Milliarden Assets werden im Rahmen von Portfoliomanagement (NFS Hamburger Vermögen und NFS Capital AG) verwaltet und bringen einen höheren Ergebnisbeitrag, da mehr Leistungen erbracht werden. Da die Bestände der angeschlossenen Vermittler langfristig wachsen und die Umsätze von Netfonds im Wesentlichen vom Bestandsvolumen abhängen, entwickelt sich der Umsatz wesentlich weniger volatil als bei Firmen wie der Baader Bank oder mwb, die wesentlich stärker vom aktuellen Geschehen am Finanzmarkt abhängig sind.
Deutlich stärker schwankt hingegen das Ergebnis vor Steuern. Dieses lag 2023 bei 1,4 Millionen Euro, nach zwei Millionen Euro im Jahr 2022. Für 2024 erwartet die Gesellschaft einen Vorsteuergewinn von 5,8 Millionen Euro. Das zeigt, dass in diesem Geschäft durchaus ein Hebel vorhanden ist. Ein positives Kapitalmarktumfeld und neue Initiativen wie das Altersvorsorgedepot dürften dem Geschäft der an Netfonds angeschlossenen Vermittler und damit auch Netfonds selbst gut tun.
Transparenzhinweis: Zum Zeitpunkt der Erstellung des Artikels halte ich von keinem der fünf hier besprochenen Unternehmen Aktien. Credit Aufmacherbild: Börse München.
Zu Rubean:
Kürzlich war ich in Innsbruck, tranken als Gruppe verschiedene Kaffees in einem Café. Die Bedienung hatte überhaupt keine Probleme, in Windeseile bei jedem kurz ein Gerät hinzuhalten (weiß allerdings nicht mehr, ob es ein Handy war) , schwupp war abgerechnet.
Ich will damit sagen, es gibt sicher schon viele ähnliche Systeme. Wichtig ist natürlich die Anbindung an das Lager im Hintergrund, an ein Rechnungswesen und womöglich auch ein Einverständnis des Mitarbeiters, der ja so prima kontrolliert werden kann (oder eine Umsatzbeteiligung erhalten kann).
Danke für Deinen Kommentar. Ja, da gibt es viele Wege. Ich hab inzwischen auch einen gefunden, der ähnlich funktioniert und auch die EC-Karte akzeptiert. Das werde ich bei Gelegenheit mal etwas tiefer nachbohren.